Bischof trägt die Not der Menschen vor Maria
„Erde ist zu einem Tal der Tränen geworden“ – Aufruf an alle Gläubigen, sich zu einer Gemeinschaft des Gebets und der Solidarität zu verbinden
Speyer. Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann hat ein Gebet an Maria, die Patronin des Bistums und des Speyerer Doms, verfasst. Vor dem Gnadenbild der Gottesmutter in der Speyerer Kathedrale hat er der aktuellen Bedrängnis vieler Menschen im Gebet zu Maria Ausdruck gegeben. „Heute bin ich in den leeren Dom gekommen, um dir, Maria, aufs Neue unser Bistum, die Menschen in unserem Land, ja, angesichts der globalen Dimension der Pandemie, die uns getroffen hat, die ganze Menschheitsfamilie in ihrer Not ans Herz zu legen. Denn wir alle sind Kinder des einen Vaters im Himmel, Brüder und Schwestern in gemeinsamer Solidarität und gegenseitiger Verantwortung“, heißt es in dem Gebet.
Die Erde sei zu einem „Tal der Tränen“ geworden. Der Bischof trägt die „Leiden so vieler, die um liebe Menschen trauern, die um ihr Leben ringen, die nach Hilfe und Heilung schreien“, vor Maria. „Sieh auf alle die, die sich über die Maßen einsetzen für das Leben anderer, für ihre Würde, für ein wenig Menschlichkeit mitten in Verlassenheit, Angst und Not.“ Bischof Wiesemann ruft die Gläubigen auf, sich beim Läuten der Glocken an jedem Abend „zu einer großen Gemeinschaft des Gebetes und der Solidarität über alle konfessionellen Grenzen hinweg“ zu verbinden. „Die Kerzen in unseren Fenstern entzünden wir als ein Licht der Hoffnung.“
Video mit Gebet des Bischofs vor dem Gnadenbild im Dom
Gebet zur Patrona Spirensis in der Corona-Krise
Heilige Jungfrau und Mutter Maria. Seit ältesten Zeiten stehen dieser Dom und unser Bistum unter deiner besonderen Fürsprache, unter deinem Schutz und Schirm. Vor deinem Bild betete der heilige Bernhard von Clairvaux, o gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria. Vor dir kniete der heilige Papst Johannes Paul II, als er 1987 unser Bistum besuchte und uns im Glauben ermutigte. Unzählige Pilger sind im Laufe dieser Jahrhunderte hier zu deinem Gnadenbild in Not und Leiden, in Hoffnung und Freuden gekommen. Hier hat der selige Paul Josef Nardini sich deinem mütterlichen Herzen anvertraut und die heilige Edith Stein in ihrer Speyrer Zeit Kraft geschöpft und Trost erfahren. Dein Bild hier in unserem Dom ist mit der Geschichte der Menschen in unserer Region rechts und links des Rheins, ja mit der Geschichte unseres Bistums eng verbunden. Es wurde trotz aller Zerstörungen immer wieder durch den Glauben der Menschen erneuert, und so rufen wir dich an als den Meeresstern, der uns in den Stürmen der Zeiten die Orientierung bewahrt, als die Morgenröte, die uns nach dunkler Nacht den Aufgang aus der Höhe, das Licht des Lebens zeigt: Jesus Christus, deinen Sohn und unseren Herrn und Heiland.
Heute bin ich in den leeren Dom gekommen, um dir, Maria, aufs Neue unser Bistum, die Menschen in unserem Land, ja, angesichts der globalen Dimension der Pandemie, die uns getroffen hat, die ganze Menschheitsfamilie in ihrer Not ans Herz zu legen. Denn wir alle sind Kinder des einen Vaters im Himmel, Brüder und Schwestern in gemeinsamer Solidarität und gegenseitiger Verantwortung. Du, Maria, bist unsere Schwester im Glauben, denn dein Ja-Wort ermutigt uns, auch heute unser ganzes Vertrauen auf den lebendigen Gott zu setzen. Wir grüßen dich mit dem „Salve Regina“ und rufen dich an als „unsere Hoffnung“.
Siehe, unsere wunderbare Erde, die wir aus der Hand des guten Schöpfers empfangen haben, ist zum Tal der Tränen geworden. Du Trösterin der Betrübten, sieh auf das Leiden so vieler, die um liebe Menschen trauern, die um ihr Leben ringen, die nach Hilfe und Heilung schreien. Sieh auf alle die, die sich über die Maßen einsetzen für das Leben anderer, für ihre Würde, für ein wenig Menschlichkeit mitten in Verlassenheit, Angst und Not. Wie du mit den Aposteln im Gebet vereint warst, so wollen auch wir uns beim Läuten der Glocken an jedem Abend zu einer großen Gemeinschaft des Gebetes und der Solidarität über alle konfessionellen Grenzen hinweg verbinden. Die Kerzen in unseren Fenstern entzünden wir als ein Licht der Hoffnung. Bete mit uns, bitte für uns, du Mutter unseres Herrn.
In diesem Augenblick, in dem uns so viel an unmittelbarem menschlichem Kontakt fehlt, ist das Wissen um deine mütterliche Nähe so wichtig. Unter dem Kreuz hat Christus seinem Lieblingsjünger Johannes dich zur Mutter gegeben – für uns das wichtige Zeichen vom Herrn selbst, dass deine mütterliche Liebe uns alle trösten und durch die Zeiten begleiten soll.
Daher bitten wir dich als unsere Schwester im Glauben, in der Hoffnung und der Liebe:
Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, heilige Gottesmutter. Sei uns mütterlich nahe in dieser Not, damit wir ganz auf den vertrauen, der unser Heiland und Erlöser ist, Jesus Christus, dein lieber Sohn, unser Herr und Gott. Sei nahe allen, die jetzt in großer Sorge sind und auf Gottes Hilfe bauen. Sei nahe allen, die sich mit großer Verantwortung aufopferungsvoll um die Menschen in unserem Land, insbesondere um die Kranken, kümmern. Sei nahe unseren Priestern und Diakonen und allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern zusammen mit den vielen Gläubigen, die uns durch Worte und Taten Gottes Gegenwart und Heil mitten in dieser Bedrängnis erfahren lassen. Deiner Fürsprache vertraue ich unser Bistum und alle Menschen an. Du bist den Kreuzweg deines Sohnes im Inneren mitgegangen. Nun trägst du die die Freude der Auferstehung in deinem Herzen. Hilf uns, dass dieses Licht der Hoffnung in uns niemals erlischt und öffne unsere Augen und Herzen für den, auf den all unsere Hoffnung gründet, Jesus Christus, die gebenedeite Frucht deines Leibes. O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria! Amen.